Thomas Kreft hat geschrieben:
Burgenkunde: Basar von Aleppo und Kreuzritterfestung überleben als Großmodelle
Aachener kämpfen um syrische UNESCO-Stätten
Als die Gesellschaft für Internationale Burgenkunde (GIB) in Aachen ihre Großmodelle baute, dachte niemand, dass die Originalstätten zerstört werden könnten. Dies ist inzwischen anders, denn in Syrien nimmt der Krieg keine Rücksicht auf das Weltkulturerbe, auch nicht auf den Crac de Chevalliers und den Basar von Aleppo.
Nachgestellte Szene im Basar von Aleppo, Modell 1:25
Die Modelle dieser beiden Objekte sind weltweit in Museen zu sehen gewesen, inszeniert mit Tausenden Figuren, rekonstruiert im historischen Zustand, alles im Maßstabe 1 zu 25. Auch der Hafen von Akkon im Nachbarland Israel, ebenfalls auf der UNESCO-Liste, gehört zu der einzigartigen Kollektion. Die Objekte entstanden mit dem Anspruch, wissenschaftlich fundiert den Zustand im Mittelalter wiederzugeben. Dazu waren Studien am Original notwendig und bis dato auch möglich. Zum Verständnis: Auch der Aachener Dom wurde über die Jahrhunderte völlig verbaut, und dennoch lässt sich der karolingische Dom noch fast ganz ablesen.
In der GIB-Zentrale im Grindelweg 4 hängen derweil noch etliche Fotos der syrischen Orte aus Friedenszeiten an den Wänden. Wie es zurzeit um die Originale bestellt ist, lässt sich kaum abschätzen.
GIB-Präsident Bernhard Siepen (r.) und sein Sohn Michael Siepen erläuterten die derzeitigen Schwierigkeiten um das Welterbe in Syrien.
Das Internet liefert Berichte, wonach eine Bresche in die Mauern des Crac des Chevalliers gesprengt wurde, um Panzer in der historischen Festung in Stellung bringen zu können. Die Lage der Burg hoch über dem Bergland ist auch heute noch beherrschend. Von Aleppo heißt es, Brände und Kämpfe hätten große Teile der Basarbauten verwüstet.
„Der historische Basar von Aleppo und auch die Kreuzritterburg Crac des Chevaliers sind weitgehend zerstört worden. Dieser Verlust scheint unwiederbringlich zu sein.“
„Der historische Basar von Aleppo und auch die Kreuzritterburg Crac des Chevaliers sind weitgehend zerstört worden“, legt Vorstandsmitglied Prof. Dr. Walter Oberschelp nach. „Dieser Verlust scheint unwiederbringlich zu sein.“ Ob eine Wiederherstellung angesichts der politischen Verhältnisse opportun oder überhaupt technisch möglich ist, sei äußerst fraglich. Auch von den durch die Taliban zerstörten Buddha-Statuen im Tal von Bamiyan (Afghanistan) sei das ursprüngliche Aussehen nur fragmentarisch bekannt.
Beim Crac des Chevalliers und dem Basar von Aleppo ist die Lage in dieser Hinsicht besser. Dass die GIB überhaupt deren Modelle baute, beruht nämlich auf genauen Plänen. Deren Beschaffung war nicht einfach. Selbst vor Ort aufzumessen, sei nicht möglich gewesen, sagt GIB-Präsident Bernhard Siepen. Als Architekt ist er darin zwar firm, vielmehr scheiterte er weiland an der syrischen Obrigkeit. Es waren einheimische Architekten, die das Material schließlich lieferten. Die Daten sind also in Aachen vorhanden, und das lässt hoffen - für die Zeit danach. Das sieht auch Prof. Dr. Günter Urban so, der 20 Jahre lang Baugeschichte und Denkmalpflege an der RWTH Aachen lehrte und zuletzt vor vier Jahren in Syrien weilte. Er bescheinigt den aufwendigen GIB-Modellen hohen Wert und plädiert dafür, dass sie gerade jetzt international weiter ausgestellt werden. Zurzeit befinden sie sich im Depot.
Eine andere Baustelle verfolgen die Burgenkundler in Frankreich am Donjon von Coucy. Auch dieses Bauwerk ist kriegszerstört, allerdings liegt das vernichtende Ereignis länger zurück. Es wurde im Ersten Weltkrieg von den Deutschen in Schutt und Asche gelegt. Obwohl der Bergfried der größte französische Donjon war und nach Lourdes und dem Mont Saint Michel Platz drei der Ausflugsorte der Franzosen einnahm, wartet man auf die Wiederherstellung bis heute. Dennoch scheint das Relikt unter dem Schutt noch so gewaltig zu sein, dass man vor Ort den Rang als UNESCO-Welterbe anstrebt.
Die „Association pour la restauration du donjon de Coucy“ wandte sich jüngst mit der Bitte um Schützenhilfe an die Aachener GIB. Coucy war das deren erstes Großmodell. Urban schätzt, dass die Burg- und Stadtmauer auch noch im heutigen Zustand das Zeug zur Weltkulturerbestätte hat. Unabhängig davon würde er begrüßen, den Donjon frei zu graben, um die Grundmauern erkennen zu lassen.