Eckball

Was geht außerhalb vom Mittelalter?
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Montrose
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Eckball

Beitrag von Montrose »

Huhu, hallöööchen

Ich bin der neue Trainer von Alemannia Aachen. Ich war das billigste Angebot, deshalb haben sie mich genommen.

Ich kenne fast alle Regeln. Nur den Eckball kapier ich nicht. Wie soll denn so ein Ding mit Kanten kullern?

Die Meisterschale soll ich holen. Klar Chef, mit Ananas oder Pistazien-Eis?

Und dann meinte der Sportdirektor noch, ich soll mit der Mannschaft den Kreisbezirks-Aufstieg oder irgend so was schaffen. Och nö, sagte ich, da sitzt doch schon der Oberbürgermeister.

Zieht euch mal was Ordentliches an! Schwarz-Rot sind die falschen Farben. Ich habe angeordnet, nur Schwarz zu tragen. Dann weiß niemand mehr, wer der Schiedsrichter ist. Und wenn es im Netz zappelt ”“ nein nein, nur in unserem Netz, nicht bei den anderen ”“ dann müßt ihr alle pfeifen und „Absatz“ rufen.

Einen Moment mal, mein Handy klingelt …. Hallo Chef … ja… ja….keine Interviews mehr geben …. verstanden…Miete fürs Stadion nicht bezahlt….Training im Kennedy-Park…. ja

…Das hier ist gar nicht meine Mannschaft …. .Waaas? Nur zwei Spieler? :shock: ….. Achso, jaja…verstehe… Tschö.

Der Chefe meint, 2 gegen 11 würde völlig ausreichen. Wir hätten ja noch ein paar Dutzend gewaltbereite Fans, welche die Situation klären können.

Was für ein herrliches Spiel, dieses Eckball. :mrgreen:
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Norbert von Thule
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Re: Eckball

Beitrag von Norbert von Thule »

Montrose hat geschrieben:Nur den Eckball kapier ich nicht. Wie soll denn so ein Ding mit Kanten kullern?
Bild
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Montrose
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Ich setzte mir die Narrenkappe außerhalb der Karnevalszeit auf, um auf die miserable Lage dieses Aachener Fußballvereins hinzuweisen.

Die Reaktion war nicht ganz, was ich erwartet hatte. Statt Tipp-Kickspieler hoffte ich auf eine Welle der Empörung.

Der Wut, des Entsetzens "Hey, du Nase, so kannst du aber nicht über unseren Verein reden!"
Drohungen, Aufruhr, Sprechgesänge, Gejohle, fliegende Tomaten.

Stattdessen nix, nada, nullewitsch, totale Agonie.

Ihr habt restlos kapituliert, ihr Öcher Superloser. :cry:

Da steht vor dem Rathaus sogar eine Tafel "Deutsche Fußball-Route".* Das Ding würde ich aber mal ratzfatz wieder abschrauben. Von mir aus könnt ihr mit euren zähnebrechenden Printen Frisbee spielen. Aber Fußball ist hier ab sofort verboten. Um das edle Leder treten zu dürfen, bedarf es eines Verantwortungsgefühls, eines Kampfgeistes, einer Würde .... alles andere ist vorsätzliche visuelle Umweltverschmutzung.
:ban


* Hab ich mir heute angeguckt. Da war auch Markt. Empfehlenswert: Frischer Seewolf mit Bratkartoffeln. Den Seewolf würzt man am besten beidseitig mit Pfeffer und läßt ihn bei niedriger Flamme in der Pfanne garen.
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Norbert von Thule
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Re: Eckball

Beitrag von Norbert von Thule »

Fußball ist ein Transportvehikel mit dem Aktiengesellschaften wie die FC Bayern München AG und die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA Werbeflächen* vermieten und sich anschließend das Produktplacement von den Fernsehsendern** auch noch bezahlen lassen.

* "Die Bayern-Hasser haben immer noch ein stärkeres Kaufverhalten gezeigt als solche, die unser Sponsoring nicht kennen" (Henning Stiegenroth, Telekom)
** "Zudem geht es auch um eine optimale Vermarktung der Rechte im Sinne der Fans und Sponsoren." (Christian Seifert, DFL)

Der von dir für Fußball eingeforderte Lokalpatriotismus ist für das 21. Jahrhundert völlig deplaziert, versuch's mal mit Mittelalter!
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Gerrit vom Jakobsweg
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Re: Eckball

Beitrag von Gerrit vom Jakobsweg »

Fußball ist Mädchensport!
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Tanzmeister Denesius
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Re: Eckball

Beitrag von Tanzmeister Denesius »

Du sagst es Gerrit
Wir haben einen Namen - Wir sind Legion

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Montrose
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Ich sitze gerade im I-Cafe an so einem Breitbildschirm. Ihr seht da echt fett aus auf euren Atavaren.

Ansonsten gaanz tolle Antworten hier. Supi. :D

So etwas muss mit einer verantwortungsvollen Aufgabe belohnt werden.
Ich bin ab und zu kurzfristig nicht da.
Deshalb ernenne ich Norbert zum stellvertretetenden Kaiser bis ich wieder zurück bin.
Tanzi, Südost-Flanke sichern!
Gerrit übernimmt den Posten des Sonderbeauftragten für was auch immer.
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Gerrit übernimmt den Posten des Sonderbeauftragten für was auch immer.
Präzisiere: Sonderbeauftragter für Empörung über künstliche Klosterstädte und über Agrarbiologinnen, die Bohnen anbauen.
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Gerrit vom Jakobsweg
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Re: Eckball

Beitrag von Gerrit vom Jakobsweg »

Warum soll ich mich über Kleingärtner empören? Dann doch lieber über die Sinnlosigkeit von Fußball ! :mrgreen:
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Es ist ja nur ein Spiel. Man empört sich halt über irgendetwas, um in Übung zu bleiben. Sollte man tatsächlich in der Steilwand des Lebens hängen, erinnert man sich dann vielleicht besser daran, daß man einst mal Zähne hatte. Und nicht völlig in die Knacki-Mentalität des Lebens verfällt, indem man sich selbst verständnisvoll ans Kreuz nagelt.

Das Element des Kampfes im Sport ist wertvoll. Unklare Situationen bestehen.
Das Element der Fairness im Sport sollte man nicht unterschätzen, denn Fairness ist ansonsten in der Welt nicht selbstverständlich.

Die Empörung kann sich also nicht gegen den Fußball an sich, sondern gegen sein falsches Management richten.

Und gegen Kleingärtner? :mrgreen: Denn es steckt ein unheimliches Paradox darin, daß wir Echtheit durch eine Lüge erleben wollen. Stichwort Klosterstadt.

Der Dumme ist dumm aufgrund seiner Schablonen. Deshalb sind ja die Gebildeten besonders dumm, aber auch Schriftsteller, Regisseure, weil sie sich nur die eigenen Vorurteile bestätigen. Die Dinge werden von "oben herab" gedacht, weshalb auch keine neue Einsicht möglich ist. Das Theater spielt sich selbst. Der "eigene" Standpunkt nichts weiter als eine einstudierte Bewegung zum Machterhalt im Sinne einer Pose oder dem Glaubensbekenntnis, das einen zum Vereinsmitglied einer sozialen Klasse macht.

Sich über Sinnlosigkeit empören. Ein zentraler, ein genialer, ja womöglich ein religiöser Gedanke - Gerrit entpuppt sich als Philosoph! Was bedeutet es, sich über Sinnlosigkeit empören? Es ist die Empörung darüber, daß die Dinge keinem oder einem falschen Plan folgen, und zwar unabänderlich. Wäre es änderlich, würde man es ändern und könnte sich die Empörung sparen. Hat Gott angst? Der Humanismus mag den Menschen zurecht als Maß der Dinge sehen, weil er anders als ein Gott mit echter Währung bezahlen muß. Sartre jedoch sagt, daß der Mensch nicht an einen Gott zahlt, sondern an einen anderen Menschen, der nervt, in die Irre geht, der zum Feind wird, ---- also man bekommt nichts Gutes für das, was man bezahlt. Ob in dieser Reihe der Schnorrer dann noch ein Mann mit langem Bart steht, der auf Wolken rumfliegt... das macht dann auch keinen Unterschied mehr. Deshalb war Sartre nie Kampf-Atheist, weil er wußte, daß Gespenster ohne weiteres Zutun von alleine in der Masse verdunsten.

Die Gerritsche "Empörung über die Sinnlosigkeit". Vielleicht würde sie bei mir weniger Unbehagen auslösen, wenn ich sie nicht nur verspüren, sondern auch begreifen könnte. Es ist der Schmerz, der einen nach der Herdplatte greifen läßt anstatt vor ihr wegzuschrecken. Es ist ein Elementarteilchen wie das Higgs-Boson ... sie besteht nur in einem Zwischenraum der Zustände, zerfällt sofort in einem Meer des "Normalen", des scheinbar Sinnhaften... und dennoch scheint alles darauf zu gründen.
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Gerrit vom Jakobsweg
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Re: Eckball

Beitrag von Gerrit vom Jakobsweg »

Ja ja! Aber Fußball ist immer noch doof und für Mädchen! Sorry! Ist halt so!



Nachtrag: http://m.youtube.com/watch?v=FzLQVLaZ9tQ
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Norbert von Thule
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Re: Eckball

Beitrag von Norbert von Thule »

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Montrose
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Gibt es hier doch tatsächlich auch ein I-Cafe. Mußte mich aber erst durchfragen. Die Town, wo ich gerade bin, hat dreimal mehr Shisha-Bars als sonst irgendetwas Vernünftiges. Und das 0,4 Cola ist nur knapp über 0,3 eingeschenkt. Hm.

Also Fußball ist ein totaler Mädchensport. Da habt ihr vollkommen recht.

Aber was ich richtig knallhart finde, sind Glückskekse. Vor Monaten stand in Aachen in einem Glückskeks: "Sie werden eine Reise nach Osten machen." Zwei Tage später war ich unerwartet in Duisburg.

In meinem vorletzten Glückskeks hieß es: "Viele werden von Ihren weisen Worten angezogen." Tatsächlich hatte ich in den letzten Tagen eine Gruppen-Besprechung. Die war zwar nicht ganz erfolgreich, aber davon stand ja auch nix im Glückskeks. Die Deppen haben halt meine Weisheit nicht verstanden.

Ich bin mal gespannt, wie sich mein heutiger Glückskeks auswirkt.

Man sollte die Versorgung Deutschlands mit Glückskeksen drastisch verbessern. Mindestens alle zwei Kilometer ein China-Restaurant. Und wer keine Glückskekse ausgibt, bekommt keine Konzession. Eigentlich könnten auch Nichtchinesen Glückskekse ausgeben. Die hießen dann halt beim Griechen Glückskeksos und beim Italiener Glückskeccio.
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Yoschi
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Re: Eckball

Beitrag von Yoschi »

Fußball ist lächerlich und speziell in Aachen nurnoch ein schlechter Witz (siehe Allemania bzw deren tolles Stadion was eventuell zur Pferdebahn umgebaut werden könnte).
Da laufen 20 kleine Heulsusen einem Ball hinterher und 2 Schreihälse stehen im Tor. Wird irgendwer nur Berührt ist das ein schweres Faul usw usw.
Wenn du mal richtigen Sport willst, empfehle ich Bruchenball, American Football usw. Die sind wenigstens nicht ganz so zimperlich und die Fans können sich besser Benehmen.
Ohne Hoffnung zu Leben ist auch eine Art zu Sterben.
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Gerrit vom Jakobsweg
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Re: Eckball

Beitrag von Gerrit vom Jakobsweg »

American Football ist auch albern......die tragen Helme und Panzerung .
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Gestern bekam ich fast einen Herzkasper: auf der letzten Seite der BILD-Zeitung war Kate Moos mit Jacke und ganz ohne Höschen zu sehen. :P An selbigem Tage besichtigte ich Schloß Hellenstein. Heute braucht man nicht mehr zu fotografieren, sondern leiht sich die Bilder von anderen auf youtube http://www.youtube.com/watch?v=6KSYROrx1rM. Diesen Film wählte ich aus, weil die Musik gut ist. Also ich würde Mittelalter irgendwo zwischen chinesischen Glückskeksen und Kate Moss ohne Höschen ansiedeln. Auf jeden Fall besser als Fußball.
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Gerrit vom Jakobsweg
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Re: Eckball

Beitrag von Gerrit vom Jakobsweg »

Alles ist besser als Fußball!
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Norbert von Thule
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Re: Eckball

Beitrag von Norbert von Thule »

Montrose hat geschrieben:Also ich würde Mittelalter irgendwo zwischen chinesischen Glückskeksen und Kate Moss ohne Höschen ansiedeln. Auf jeden Fall besser als Fußball.
Montrose, du kommst der Erkenntnis näher.

Bild
Kate Moss von Craig McDean für Vogue UK
Montrose
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Ich bin wieder da. Selbstverständlich bleibt Ihr dennoch in Amt und Würden.

Letzte Station meiner Reise war Neuenstein. Bilder und Informationen zur Burg gibt's im Internet.

Das Fürstenhaus Hohenlohe, das dort noch heute residiert, war den Grafen und Herzögen Württembergs sicherlich einmal ebenbürtig. Im Krieg mit Napoleon 1806 jedoch war Hohenlohe auf der "falschen" Seite, Württemberg hingegen auf der Seite Napoleons und von diesem für treue Dienste mit dem Königtum belohnt.

Die Hohenloher waren sexier als die Württemberger. Auf dem Schloß gibt es Reliefs mit Lorbeerkranzträger und einer barbußigen Adligen. Eine Statue zeigt ein Mädchen, die friert so sehr, daß sie ihr Gewand um die Schultern schlingt ... und dabei vergißt, daß man jetzt unten alles sehen kann. 8) Die Württemberger hingegen waren als geizige Miesepeter verschrien, von den eigenen Bauern verachtet.

Im Rittersaal steht neben Waffen auch die Rüstung des Ritters von Helfenstein. Da sieht man zwei Löcher drin, denn der Ritter wurde von Bauern im Bauernkrieg gefangen genommen und getötet.

Ihr armen Schönwetter-Ritter hier, die schwäbischen Bauern hätten aus euch Kutteln mit Trollingersößle gemacht. :mrgreen:
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Nachdem ich die Broschüre zum Schloß gelesen habe, muß ich zwei Dinge berichtigen:

1. Rüstung und Waffen sind im Kaisersaal und nicht im Rittersaal.
2. Napoleon traf die Entscheidung 1808 und nicht 1806.

Wie auch immer, der Hochadel wußte sich in Szene zu setzen. Nehmen wir zum Beispiel Ahnenportraits. Das ist ein sichtbares, ja geradezu gegenwärtig fühlbares Zeichen für den Ruhm der Familie: Das ist er und davon stamm ich ab. Der Hochadel behauptete seine Stellung mehr mit solchen Symbolen als mit Kämpfen. Die Zeichensprache war gegenüber dem Ritter deutlich erweitert. Statt Waffengewalt und Gehorsam konnte der Adlige ganz andere Schubladen ziehen: Huldvolle Gnade, Repräsentant einer höheren Idee oder schlichtweg vollkommene Freiheit. Wer attraktiv ist und einen Namen hat, braucht die Tugenden des Ritters nicht mehr.

Es ist denkbar, daß dem Publikum die ewigen Schaukämpfe irgendwann langweilig werden. Und dann ist es sicherlich sinnvoll, noch andere Ideen in petto zu haben. Man kann Leute außer mit Schwertgefuchtel auch mit anderen Dingen beeindrucken. Indem man Größe und Noblesse darstellt. Ich erinnere mich ans Römerfest in Hechingen-Stein, als ein paar Darsteller als Götter auftraten und den ganzen Tag auf einer Liege lagen und Trauben aßen. Das war ein echter Hingucker. Die Leute waren verblüfft.

Ein Herzog von Württemberg oder ein Fürst von Hohenlohe würde sich nicht entblöden, rumzufechten. Stattdessen würde er durch Kleidung, Luxusgüter und eben seinem Status beeindrucken. So dürfte es auch bei den Staufern gewesen sein. Friedrich der II. war zwar Kaiser der Region des heutigen Deutschlands, aber dieses ganze Ritterzeug ging dem völlig am Arsch vorbei. Der züchtete lieber Falken in Sizilien.

Adel kommt in der heutigen Mittelalterszene überhaupt nicht vor. Da werden ständig nur Dorfpolizisten präsentiert - denn nichts anderes war ein Ritter als ein schlichter Dorfpolizist. Wo aber ist der gehobene Adel zu sehen?
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Norbert von Thule
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Re: Eckball

Beitrag von Norbert von Thule »

Montrose hat geschrieben:So dürfte es auch bei den Staufern gewesen sein.
Wohl nicht:
Wenn man von "Rittern" spricht, sollte man dabei allerdings beachten, dass diese Krieger am Anfang der Entwicklung nicht zum Adel gehörten. Ganz im Gegenteil, normalerweise standen sie in der sozialen Hierarchie noch unter den freien Bauern. Denn als man damit begann, diese Reiter auszurüsten, bewaffnete der Adel zuerst sein persönliches Gefolge - seine Knechte, die vorher vielleicht noch das Vieh gehütet hatten. Da die Ritter jedoch mit den gleichen Waffen, Seite an Seite mit dem Adel kämpften und das Rückgrat jedes Heeres bildeten, wurden sie bald zu einer privilegierten Klasse. Vor allem durch die Kreuzzüge wurde der Ritter zum Typus des Kriegers schlechthin, dessen Ehrenkodex, Verhaltensformen und Moden schließlich vom Adel übernommen wurden.
(Quelle:Die Staufischen Ritter)
Montrose
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Immerhin geht auch Deine Quelle in die Richtung, daß Adel und Ritter sich zunächst unterschieden. Und das verdient eine genauere Betrachtung.

Auch im Mittelalter konnte man nicht einfach nur mit dem Recht des Stärkeren sprich Waffengewalt regieren. Denn die "Starken" waren der Mehrzahl des Volkes immer noch unterlegen (siehe Französische Revolution). Sondern es bedurfte einer Staatsideologie, die plausibel machte, warum es Privilegien und Gehorsam, warum es Hierarchien gab.

Im Hochadel bildeten m. E. vier Ideen solch eine Staatsideologie:

1. Schutz des Abendlands gegen äußere Feinde, sei es gegen Muslims oder Ungarn.

2. Die Fortführung der römisch-antiken Reichsidee. Diese Reichsidee steht m. E. in gänzlichem Widerspruch zur germanischen Weltsicht. Diese Janusköpfigkeit spiegelt sich bis zum heutigen Tage in der Aufteilung zwischen Bund und Ländern.

3. Der Kaiser schützt den Bürger vor dem niederen Adel und dem Ritter. Deshalb die freien Reichsstädte. Deshalb auch die Möglichkeit des Bürgers, am niederen Adel vorbei Klage beim Kaiser vorzubringen.

4. Schützer des christlichen Glaubens. Der Hochadel ließ sich durch die Kirche legitimieren, weshalb ein heidnisches oder atheistisches Mittelalter, wie es bisweilen auf MA-Märkten mit irgendwelchen "keltischen " Amulett etc. dargestellt wird, unhistorisch ist.

2.-4. hängen miteinander zusammen, es liegt die Idee von Gerechtigkeit unabhängig von lokalen Machtverhältnissen zugrunde, wie sie bereits alttestamentarisch ausformuliert wurde (König David muß sich dem göttlichen Richterspruch unterstellen). Für mich sind die Juden die Erfinder der konstitutionellen Monarchie. Der nachmittelalterliche Absolutismus hingegen ist antibiblisch und stellt kulturell einen krassen Rückschritt dar ... auch wenn in dieser Zeit herrliche Schlösser gebaut wurden.


Es gibt im Mittelalter einerseits eine Abwärtsanweisung: bestimmte Werte des Ritters wie die Milde und Mäßigung wurden von einer übergeordneten Instanz -z.B. der Kirche - vermittelt, damit der Ritter in das Gesellschaftssystem eingegliedert werden konnte und nicht einfach nur Raubritter war.

Umgekehrt eine Aufwärtsbewegung, und da hat Dein Text auch recht: der Adel übernahm Rituale der körperlichen Stärke und Gewalt, um zu demonstrieren, daß er mit dem Ritter auf diesem Gebiet mithalten und deshalb gegenüber dem Ritter und dem Volk einen Führungsanspruch geltend machen konnte.

Zugegebenermaßen bringe ich jetzt die Jahrhunderte vielleicht etwas durcheinander. Aber in diesem Kaisersaal von Hohenlohe waren überwiegend Zierwaffen. Der Hochadel tat so, als habe er ritterliche Stärke. In Wirklichkeit aber waren die hochadligen Kriegsrituale - die Jagd auf Tiere, Turniere - nicht so gefährlich wie der tatsächliche Krieg. Soweit ich die Texte überschaue, sind Hochadlige meist als Kinder oder Erwachsene an Krankheit, an Altersschwäche im Bett oder wie im Hause Württemberg an Fettleibigkeit gestorben, aber fast nie auf einem Schlachtfeld.

Insofern habe ich doch ein bißchen recht, wenn ich behaupte, daß Ritter nicht das ganze Mittelalter repräsentieren. Der ritterliche Zweikampf war als einzelnes Ereignis genauso unwichtig wie das Duell der Samurai oder moderne Kommando-Aktionen (da kam neulich ein Film, daß sniper oder Helden a la Oberst Steiner so gut wie keinen Einfluß auf das Kriegsgeschehen hatten). Die Macht gehörte vielmehr den Schachspielern, die mit Masseneffekten hantieren konnten. Nicht das Schwert, sondern die Propaganda und Organisation brachte den Sieg.
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Nun betreiben wir solche Recherchen nicht um ihrer selbst willen, sondern um die Gegenwart zu verbessern.

Es kann ja durchaus sein, daß der Prinz eines Tages geruhsamer zu agieren trachtet. Und dafür habe ich das Patentrezept. Er steigt vom Ritter in den Hochadel auf!

Im Prinzip braucht es dazu nur drei Dinge: :|

1. Eine Perücke. So eine mausgraue mit langen, lockigen Haare, etwa wie bei George Washington, nur etwas länger und fülliger.

2. Strumpfhosen. Das Mittelalter betonte die männlichen Waden. Und darüber ein Trachtenjanker wie ihn die Jäger haben mit goldener Knopfleiste.

3. Eine Kutsche mit einem kleinen Pony davor.

Ich stelle mir die Choreographie in etwa folgendermaßen vor: Auf einem MA-Festival lagern überall Rittergruppen und üben Schwertkampf. Der Prinz fährt mit Perücke und Strumpfhosen bekleidet in seiner Kutsche einher und tut so, als ob ihn das alles gar nichts anginge. Stattdessen plaudert er lautstark mit seiner Gattin, die auch in der Kutsche sitzt und die Kutsche haarscharf an den Rittergruppen vorbeilenkt. Die Gattin tritt im Stile von Dolly Pardon auf und trägt auf dem Kopf ein kleines, dunkelgrünes Matrosenschiffchen.

Dann, völlig abrupt, hält die Kutsche an, der Prinz steigt aus und geht mit hölzernen Schritten auf einen beliebigen Händler zu. Diesem heftet er einen Orden an. Währenddessen bläst die Gattin in eine Trompete, so daß der Vorgang gebührende Beachtung findet. :au
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Okay, fairerhalber muß man zugeben, daß die Pose Norberts auf dem Bild von Dahn "Was machen wir im Mittelalter" mit den Baldachinträgern gelungen ist. Ich hab's jetzt erst gesehen. Die Handschuhe: astrein!

Mein Geschreibsel vom Hochadel hängt damit zusammen, daß ich ein Buch fast fertig gelesen habe, das von einem süddeutschen Barockherzog (so um 1700) handelt. Das ist schon wuchtig, was die so trieben. Ärger bekam der Fürst erst, als er allen Ernstes zwei Frauen nebeneinander heiratete. Das fand die Kirche dann nicht mehr so toll und dem Kaiser hat's auch nicht so recht gefallen.

Der Hof hatte einen strengen Stundenplan, der vormittags begann und nachts um 3 Uhr endete. Pflichtprogramm: mit dem Herzog speisen, mit dem Herzog auf die Jagd gehen, Kartenspielen, Singspiele anhören und die ganze Nacht mit Leuten tanzen, die einem per Los zufällig zugeschanzt wurden. Letzteres könnte glatt aus einem modernen Manager-Kurs stammen. Und um sich besser in das einfache Volk einfühlen zu können, mußten sich an manchen Nächten alle Adeligen am Hof als Bauern verkleiden und dann eine Bauernhochzeit nachspielen.

Fast wäre dieser Spaßvogel von Herzog auch noch König geworden. Denn in einer Stadt auf seinem Territorium wurde eine Reichssturmflagge gefunden. Aber der Kaiser in Wien meinte, das reiche dann doch nicht ganz für eine Beförderung aus.
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Re: Eckball

Beitrag von Montrose »

Irgendwie tun mir mal wieder die Öcher leid.
Nee, nicht wegen Fußball. Alemannia hat ja gegen Köln gewonnen.

Aber wegen der Arschäoloschie, wie der Rheinländer wohl zu sagen pflegt. In der Zeitung lese ich gerade, daß die Öcher ein riesengroßes Areal umgebuddelt haben. Und was finden sie?

Einen Tierknochensplitter aus der Römerzeit und eine halbe Glasmurmel einer Keltin.

Och nö. :( Kann da nicht mal einer ein Ritterschwert, das er nicht mehr braucht, über den Bauzaun schmeißen. Damit die Arschäolochen mal was Gescheites finden, wa?

Den Busfahrern geht es gerade auch nicht so gut, weil sie zu wenig Lohn bekommen. Hätte man die Campus-Bahn gebaut, wäre Aachen so pleite, daß die Busfahrer ihre Karre schieben müßten, um Benzin zu sparen.

Aber der Öcher trägt diese Unstimmigkeiten mit optimistischem Selbstbewußtsein. Wenn der Öcher einen Furz läßt, dann meint er, er hätte gerade ein neues Universum geschaffen --- wegen Urknall und so. :oops:
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