Bildergalerie:Zeitreise als Uni-Experiment
Entschleunigt wie die alten Wikinger
(Über-)Leben wie in der Eisenzeit: Bei Temperaturen unter 20 Grad minus lebten Studenten aus dem estnischen Tartu eine Woche lang wie Wikinger in vorchristlichen Jahrhunderten. Sie schlotterten vor ihrer Blockhütte, kämpften gegen beißenden Rauch und wärmten sich mit selbstgebrautem Bier.
Wo Rauch ist, ist auch Feuer und umgekehrt - vor allem, wenn nur feuchtes Holz zur Hand und man auf dessen Wärme angewiesen ist. Das erfuhren fünf estnische Studenten der Universität Tartu unter Tränen. Sie lebten in dem südestnischen Städtchen Rogue für ein Uni-Experiment eine Woche lang in einer Holzhütte. Das Ziel der frostigen Übung: Leben und überleben wie Wikinger in der Eisenzeit. Die dauerte von 800 bis 100 vor Christus - Häuser hatten die Leute damals zwar schon, Pfeil und Speerspitzen aus Eisen auch, aber sonst nicht viel.
"Es war unmöglich, zu heizen und zur gleichen Zeit im Haus zu sein", sagte Kristiina Paavel, 24. "Wir versuchten, einen Baumstamm anzuzünden und damit Licht und Wärme zu erzeugen, aber da war nur Rauch." Wegen der Rauchentwicklung, die ihnen die Tränen in die Augen trieb, heizten die Studenten nur vom Mittag bis in die frühen Abendstunden, wenn sie nicht selbst in der Hütte saßen.
In der ersten Nacht fiel das Thermometer in Estland auf minus 25 Grad - und auch die ganze Woche über wurde es nicht wärmer. "Die meisten Leute fragten uns, ob die Kälte nicht schlimm sei. Aber das war okay, der Rauch war schlimmer", sagte Maarja Lainevoog, 22, Archäologiestudentin der Universität Tartu, die mit ihren Kommilitonen für eine Woche in der Hütte lebte. Eingerollt in mehrere Schichten aus dunkler Wolle, Filz und Schafsfellen war es im beheizten Haus sogar relativ warm, berichtet die Studentin. Drinnen herrschten meist erträgliche plus zehn Grad. Die 2010 mit alten Techniken und als Teil eines Studienprojekts fertig gestellte Hütte bestand damit ihren ersten Wintertest.
Inhalt des Experiments? Einfach überleben
Auch der Speiseplan war eisenzeitlich und bestand aus Linsen, Kohl, Zwiebeln, etwas getrocknetem Fisch und Räucherfleisch. Alles nicht zu verachten, fand Lainevoog. Im Laufe der Woche tauchten außerdem freundliche Unterstützer auf, die den Studenten trockenes Holz vorbeibrachten. "Das machte uns das Leben deutlich einfacher."
Neben dem vielen Rauch war vor allem eine Sache schwer auszuhalten: "Eine Annehmlichkeit unserer Alltagsgesellschaft habe ich vermisst: eine richtige Toilette mit Papier", sagte Lainevoog. Der Alltag habe sich "vor allem ums tägliche Überleben" gedreht: Feuerholz sammeln, das Haus heizen und Essen zubereiten.
Abends saßen die Studenten bei spärlicher Beleuchtung, strickten, stellten Kerzen her, zerkleinerten das gesammelte Holz und erzählten sich bei selbstgebrautem Bier Geschichten, berichtet Lainevoog, die von ihrer Woche in der Eisenzeit auch nach der Rückkehr in die estnische Zivilisation begeistert ist: "Es war ein Abenteuer. Und wenn ich die Chance bekomme, würde ich es wieder tun."
Bilder (Reuters): Landlust? Bei minus 20 Grad begann für fünf Studenten der Universität Tartu die vergangene Woche in einer eisenzeitlichen Wikingerhütte. Für ein Uni-Experiment lebten sie zu fünft für einige Tage wie Wikinger in vorchristlichen Zeiten. Aber die Kälte war das kleinere Problem für die zeitreisenden Esten. Maarja Lainevoog, 22, macht eigentlich ihren Master in Archäologie. Für das Eisenzeit-Experiment hüllten sie und ihre Kommilitonin Kristin sich in Filz und Wolle und beschäftigten sich eine Woche lang vor allem mit einem: "Überleben."
Bilder (Reuters): Ein Kommilitone von Maarja schürt draußen das Feuer unter dem Kessel. Drinnen entstand beim Heizen mit nassem Holz zu Anfang mehr Rauch als Wärme. Die Mahlzeiten seien gut gewesen, sagt Lainevoog. Sie bestanden meist aus Linsen, Kohl, Zwiebeln, etwas getrocknetem Fisch und Räucherfleisch. Ihre Zeit vertrieben sich die Studenten mit stricken, schnitzen, Essen zubereiten und wieder mit Holz suchen. Kühlschrank in der Eisenzeit: Die Lebensmittel hängten die Studenten draußen in einem Sack ans Haus, außer Reichweite für Tiere und weg vom beißenden Rauch im Inneren der Hütte.
Bilder (Reuters): Weil das feuchte Holz, mit dem die jungen Leute heizen mussten, furchtbar qualmte, hielten sich die Studenten die meiste Zeit draußen auf. Nach dem Essen und mit dem Dunkelwerden ging es dann wieder in die verräucherte Hütte.